Zu wenige Studien zeigen, was mit unserer Erde geschieht, wenn sie sich um mehr als 2 Grad erwärmt. 

Wissenschaftler der Justus-Liebig-Universität Gießen haben gemeinsam mit der Universität Cambridge den Forschungsstand zum globalen Temperaturanstieg ausgewertet. Ihr Ergebnis: Die meisten Studien gehen von einer Erwärmung der Erde um 1,5 bis 2 Grad Celsius aus. „Der aktuelle wissenschaftliche Diskurs um den Klimawandel konzentriert sich auf den Temperaturbereich, den wir gerne erreichen wollen. Dies konnten wir zeigen, indem wir die Berichte des IPCC systematisch per Textanalyse ausgewertet haben“, so Dr. Florian Jehn, der Leiter der Studie. Der Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), auch Weltklimarat, ist eine zwischenstaatliche Institution, die der Politik wissenschaftliche Erkenntnisse zum Klimawandel zusammenfasst. Nur 10 % der IPCC-Berichte gehen von einem Klimawandel aus, der das 2-Grad-Ziel übersteigt – dass mehr als 6 Grad erreicht werden, sei in den Berichten hingegen so gut wie gar nicht analysiert worden.

Eine Erderwärmung um 3 Grad oder sogar darüber hinaus ist laut Jehn aber „durchaus wahrscheinlich“. Die Forschung müsse sich aus diesem Grund auch mit extremen Klimaszenarien beschäftigen. 

Die Forschungslücke erklärt das Team um Jehn einerseits mit der tendenziell konservativen Haltung des IPCC, die sich in dessen langen Verhandlungsrunden ergebe. „Möglicherweise neigen Klimawissenschaftlerinnen und -wissenschaftler zudem generell zu eher vorsichtigen Aussagen, um sich nicht, wie in der Vergangenheit häufig geschehen, dem ungerechtfertigten Vorwurf des Alarmismus ausgesetzt zu sehen“, führt Jehn weiter aus. 

Dr. Lutz Breuer von der JLU hat ebenfalls an der Studie mitgewirkt und sieht dringenden Handlungsbedarf: „Wir benötigen neue Konzepte in der Forst- und Landwirtschaft, aber möglicherweise auch für die Wasserversorgung, sollten wir auf einen derart extremen Klimawandel zusteuern“. 

LB

Bild mit freundlicher Genehmigung von Joe Dudeck