Das Motto der neuen Spielzeit im Hessischen Landestheater (HLTM) ist „In Bewegung“. Passend dazu eröffnet das Marburger Theater die Spielzeit am 23. September mit Elfriede Jelineks „Ein Sportstück“.

11 Millionen Deutsche sind in Fitnessstudios registriert. Was suchen sie dort? Mit „Ein Sportstück“ (1998) gewann Elfriede Jelinek als Dramatikerin weltweite Anerkennung: Die Nobelpreisträgerin untersucht darin das Massenphänomen Sport und benutzt es als Metapher für alle übersteigerten Anstrengungen, die wir Menschen in den kapitalstarken Industrienationen unternehmen, um schön, stark und „in“ zu bleiben – und sei es nur zu Hause vor dem Bildschirm. Jelinek beschreibt wortfulminant und bittersüß-eloquent den Sport als die Vorbereitung der Massen für den Krieg.
Die wenigen Figuren neben den griechischen Chören heißen „Mann“, „Frau“, „Das Opfer“ oder auch das alter Ego der Autorin „Elfi Elektra“ – einst sprach man von einer bitteren Komödie. Und das ist es auch: Da trifft der Sportlersohn auf die Mutter, die ihn verloren zu haben glaubt und heftig darüber mit dem Chor debattiert. Da reflektieren Chor – bestehend aus Marburger Bürgern zwischen 15 und 85 – und Chorführer über Rechtspopulisten. Da trifft die Schlagersängerin auf griechische Mythologie und Arnold Schwarzenegger wird vom Thron des ewigen Bodybuilding-Idols geschubst.
So entfaltet sich auf der Bühne ein Spektakel mit mäandernden, klugen Texttiraden und speziellen, aber durchaus spektakulär anmutenden Show-Momenten.

Spielzeit 2023/24

Insgesamt 13 Premieren bringt das Landestheater in der neuen Spielzeit auf die Bühne, darunter drei Uraufführungen. Das Programm umfasst außerdem Klassiker, Familienstücke, Komödien und eine Romanadaption.
Unter der Überschrift „In Bewegung“ will das HLTM Bewegungen unserer Zeit ergründen. Schließlich könne der Begriff auf ganz verschiedene Weise verstanden werden: Sei es politische Transformation, gesellschaftlicher Wandel, eine Vereinigung oder ein physischer Akt. Das Theater beschäftigt sich damit, welche Bewegungen uns heutzutage prägen und welche Krisen uns ermutigen, etwas in Bewegung zu setzen.
Zwischen Kriegen, Klimawandel, Pandemienachwehen und Ratlosigkeit versuche das HLTM einen Ort zu schaffen, der Bewegung einfordert und zulässt, sagen die Intendantinnen Eva Lange und Carola Unser-Leichtweiß: „Mehr denn je fragen wir uns: Was muss Theater jetzt tun? Wir haben ehrlicherweise keine Antwort, doch wir versuchen alles, um mit unserer Kunst ein Ort der Demokratie zu sein, der einlädt zum Diskurs, zum gemeinsamen Ringen um Positionen – einem Ort, der Bewegung einfordert: Denkbewegungen, Perspektivwechsel, der uns in Bewegung setzt, der Wandel träumen lässt und der anerkennt: Alles fließt und wir können gestalten, zumindest sollten wir das versuchen: „We might not know the direction yet but as long as we are moving, we aren´t giving up!“

pe/red

Premiere „Ein Sportstück“ von Elfriede Jelinek
Samstag (23.September), 19 Uhr 30, Erwin-Piscator-Haus

Bild mit freundlicher Genehmigung von Jan Bosch