In Marburg sorgt eine aktive Foodsharing-Community dafür, dass fünf „Fairteiler“ regelmäßig mit Lebensmitteln befüllt werden. In den letzten Jahren haben die Mitglieder so über 300 Tonnen Essen vor der Tonne bewahrt.

Der Kühlschrank mit den Lebensmittel-Regalen in der Marburger Volkshochschule ist der erfolgreichste „Fairteiler“ Marburgs. Kaum hat Benny Nichel vom Foodsharing-Organisationsteam die Regalbretter wieder aufgefüllt, bedienen sich die ersten Kursbesucher bei Obst und Gemüse. Dabei bringt der Geografiestudent Brötchen, Baguettes, Käsestangen und Brote kisten- und säckeweise. Dazu kommen an diesem Tag Körbe voll mit Bananen, Mandarinen, Salat und Rosenkohl. „Der vhs-Verteiler hat einen extrem hohen Durchlauf. Das ist eine tolle Kooperation“, erzählt Benny Nichel, der auch als Dozent für Brotbacken und vegane Küche bei der Volkshochschule arbeitet. 2022 wurde der Lebensmittelplatz am Seiteneingang im Erdgeschoss eingerichtet: „Nachhaltigkeit ist an der vhs ein wichtiges Thema, das sich sowohl im Kursangebot als auch in unserem praktischen Tun niederschlägt“, sagt vhs-Leiterin Cordula Schlichte. Die Mitarbeiterinnen achten gemeinsam mit den Foodsharern auf Hygiene und Sauberkeit im Fairteiler.

Insgesamt gibt es fünf Fairteiler in Marburg. Sie werden zwei- bis sieben Mal pro Woche von Freiwilligen der Foodsharing-Initiative gefüllt. Die vor allem von Studierenden getragene Gruppe hat rund 700 Mitgliedern. Darunter sind 440 Aktive, die ehrenamtlich für Pflege und Belieferung der Fairteiler in der Universitätsstadt sorgen und bei Veranstaltungen über ihr Anliegen informieren. „Lebensmittel liegen uns sehr am Herzen“, erklärt Benny Nichel die Motivation: „Aber leider haben wir in Deutschland ein riesiges Lebensmittel-Verschwendungsproblem, das der Staat nicht in den Griff bekommt.“ Allein in Marburg haben die Essensretter in den vergangenen zehn Jahren 317.000 Kilogramm Lebensmittel vor dem Müll bewahrt – bei mehr als 20.000 Abholungen.

Damit Supermärkte und Bäckereien nicht so viel wegwerfen müssen, haben sie inzwischen 35 Kooperationen geschlossen. Deswegen werden auch weiter helfende Hände gebraucht. Jede Woche fahren sie in verschiedenen Teams zu den Lebensmittelmärkten und zum Wochenmarkt, um Brot, Käse, Gemüse und Obst zu retten. Aber auch Privatleute können und sollen ihre Vorratskammern erleichtern und bringen – etwa vor dem Urlaub – übrig gebliebene Lebensmittel vorbei.
Neben Obst und Gemüse, das nicht mehr ganz taufrisch aussieht, werden die Fairteiler auch mit Schokoküssen, Joghurts, Milch und Käse gefüllt. Waschmittel war auch schon dabei. Und einmal – kurz nach Ostern – gab es eine Giga-Lieferung mit 800 Eiern. Mit den Fairteilern entlasten zahlreiche Studierende und Bedürftige ihre Haushaltskasse. Aber im Prinzip darf sich jeder bei den Lebensmitteln bedienen, da es vor allem darum geht, Essen vor dem Wegwerfen zu retten.

Marburg kocht am 31. Januar

Mit Lebensmitteln unterstützen die Studierenden auch das Event „Marburg kocht“, das in diesem Jahr für den 31. Januar geplant ist. Dabei spazieren die Teilnehmer einen Abend lang von einer Privatküche zur nächsten, wo sie kochen und sich – in immer neuer Konstellation – durch ein dreigängiges Menu futtern. Teilnehmen können nicht nur an Studierende, sondern auch Berufstätige und Senioren, Einzelpersonen und Zweierteams. Start ist am 31. Januar um 18 Uhr mit einer Vorspeise. Es folgen Hauptgang (20 Uhr), Nachtisch (22 Uhr) und eine Afterdinner-Party. Die Kochgruppen werden auch nach Vorlieben – etwa für vegetarisches Essen – innerhalb der Stadt zusammengewürfelt.
Bei der ersten Kochrallye im Wintersemester 2023/24 waren mehr als 50 Hobbyköche dabei. In Gießen, wo es das Projekt bereits seit Jahren gibt, begegnen sich bei den Drei-Gänge-Menüs bis zu 1000 Menschen. Weitere Informationen und Anmeldung unter www.marburgkocht.de.

Gesa Coordes

Die fünf Marburger Fairteiler

  • Volkshochschule (Deutschhausstr. 38), während der Öffnungszeiten
  • Uni-Kirche (Reitgasse), werktags von 9 bis 18 Uhr
  • Kletterhalle (Rudolf-Bultmann-Str. 4g), werktags von 10 bis 23 Uhr
  • Lutherische Pfarrkirche, täglich 8 bis 18 Uhr
  • Lebensmittelpunkt Wehrda (An der Martinskirche 1)

Foodsharing Marburg bittet darum, keine angebrochenen Lebensmittel zu bringen. Das Mindesthaltbarkeitsdatum (nicht das Verbrauchsdatum) darf aber überschritten sein. Die Initiative freut sich über neue Freiwillige. Interessierte können sich unter marburg@foodsharing.network melden. Weitere Informationen gibt es unter www.facebook.com/Lebensmittelretten.Marburg/.

Bild mit freundlicher Genehmigung von Gesa Coordes