Leah Weigand ist sowohl Poetryslammerin als auch Medizinstudentin und Krankenpflegerin. Beiden Welten begegnet die Marburgerin mit Passion und Kreativität.

Zwei Leidenschaften spalten die Zeit von Leah Weigand: Auf der einen Seite herrscht der geschriebene und gesprochene Text über ihr Zeitmanagement und auf der anderen Seite das Medizinstudium sowie früher der Pflegeberuf. Eine Kombination, die in Protestzeiten des Pflegepersonals im privatisierten Klinikum Marburgs hellhörig macht. Die 26-Jährige schreibt über ihre Erfahrungen als Pflegerin, was dann so klingt: „Ich werde gekniffen, bespuckt und berotzt, ich bin manchmal ganz unmetaphorisch angekotzt.“ Trotzdem und der Tatsache, dass zu wenig Pflegepersonal für zu viele Aufgaben auf ihrer Station angestellt waren, erklärt die gebürtig aus Nähe Wetzlar stammende Medizinstudentin, dass die Pflege einer der schönsten Berufe ist, den sie sich vorstellen könne. Wenn sie nach der Arbeit Nachhause kommt, dann kann sie sich der Wichtigkeit ihres Tuns sicher sein. Zudem sei der Beruf so abwechslungsreich, was die Menschen und Tätigkeiten angeht, dass sie sich nie langweilte. Sie lernt, so beschreibt sie es in ihrem Text „Ungepflegt“ durchweg dazu, so beispielsweise, „dass jede Person auf Erden irgendein Päckchen trägt. Ich lerne, wie man es in das Zimmer hineinruft, so schallt es auch meistens zurück. Und manchmal ist eine Minute nur Zuhören das größtmögliche Glück.“

Weigand will anstoßen, die Politik aus der Reserve locken, um die Probleme im Pflegewesen anzugehen. Seit ihrer Jugend ist das Schreiben ihr emotionales Ventil und heute zusätzlich ihr Sprachrohr, mit dem sie ihre Meinung kundgibt. Auch wenn sie im Alltag nicht gerne im Mittelpunkt steht, eher eine ruhige Person ist, gibt die Bühnenperformance ihr einen Kick, der die Seite an ihr hervorbringt, die gerne ihre Ansichten preisgibt, auch wenn sie anecken.

Leah Weigand beim Slam 22 in Wien.

Die Pflegeausbildung hat sie 2021 in Marburg beendet und lebte daraufhin für ein Jahr in München bei ihrem Freund. In dieser Zeit gewann sie die hessischen Meisterschaften im Poetry-Slam und tourte durch Deutschland, sie nennt diese Lebensperiode auch „mein Auftrittsjahr“, in dem sie sich in der Szene des Poetry-Slams etablieren konnte, ihre zweite Leidenschaft zum Beruf machte. Dadurch dass tourende Poetry-Slammende viel alleine unterwegs sind, lernte sie hier die Community kennen, fand ihren Platz in dieser. 234.000 Klicks hat ihr Slam „Ungepflegt“ mittlerweile auf YouTube. Außerdem trat sie damit gerade beim Neujahrsempfang der Stadt Marburg auf.
Seit Oktober 2022 studiert sie Medizin in Marburg und lebt wieder hier. Ihren Auftritten seit 2018 beim Poetry-Slam-Abend im KFZ folgt nun der Job als Moderatorin dieses Events gemeinsam mit Stella Jantosca. Die 26-Jährige beschreibt das als neue Herausforderung, sie müsse spontaner mit dem Publikum und dem Line-up interagieren, als wenn sie lediglich einen Text vorträgt.
Sehr zeitintensiv gestaltet sich die Kombination aus Medizinstudium und ihrer Tätigkeiten im Poetry-Slam-Business. Zwischenzeitlich hat sich Weigand sogar gefragt, ob sie ihren Traum vom Medizinstudium aufgibt, um sich ganz den Slams zu widmen. Mittlerweile hat sie jedoch herausgefunden, dass sie beide Leidenschaften braucht, diese sich gegenseitig nähren, was insbesondere ihr Slam „Ungepflegt“ – als Text, der das Pflegewesen thematisiert – demonstriert.

Leonie Theiding

Ein Interview mit Leah Weigand gibt es hier.

Poetry Slam im KFZ

Der nächste Slam im KFZ mit Leah Weigand und Stella Jantosca ist am Dienstag, 14. Februar um 20 Uhr. Diesmal gibt es eine Special Edition: „Mein erster Poetry Slam“ nennt sich das Format, bei dem nur Künstlerinnen und Künstler auftreten, die zum ersten Mal an einem Slam teilnehmen.

Bilder mit freundlicher Genehmigung von Georg Kronenberg | Marbuch Verlag GmbH und Caro Neuwirth