“Manchmal habe ich Minderwertigkeitskomplexe und denke, ich bin nicht gut genug für dieses oder jenes. Und manchmal mache ich wirklich geniale Sachen und niemandem gefällt es. Zwischen diesen Polen gibt es eine andauernde Bewegung und Entwicklung.” Die Entscheidung der Jury war dennoch einstimmig: Der 1937 in Heidenheim an der Brenz geborene Thomas Mauch erhält den mit 5.000 Euro dotierten Marburger Kamerapreis 2019. “Thomas Mauch hat sich in seiner reichhaltigen bildkünstlerischen Tätigkeit niemals dem Massengeschmack angebiedert und ist auch keinen aktuellen Moden blind gefolgt”, heißt es in der Begründung. Dabei habe er einen herausragenden Korpus an Filmen visuell gestaltet und sich so nachhaltig um die deutsche Filmkultur verdient gemacht. “Neben den zahlreichen stilbildenden Meilensteinen und den ästhetisch eigenständigen Solitären finden sich in seinem reichen Werk auch zahlreiche Filme, die sich weder für den Mainstream noch für den Massenerfolg interessiert haben, sondern stets einen eigenen Wege gesucht haben”, führen die Juroren weiter aus.
Seit mehr als 60 Jahren zählt Thomas Mauch zu den prägenden Akteuren der deutschen Filmlandschaft, die er umeinige Sehenswürdigkeiten bereicherte. Dabei kann der Preisträger auf eine stolze Filmografie von bislang mehr als 70 abendfüllenden Filmen sowie zahlreiche Kurzfilme und Fernsehprojekte blicken.
Der Sohn film- und fotografiebegeisterter Eltern begann seine Karriere 1957 als Volontär der Gesellschaft für Bildende Filme in München. Hier legte Mauch nicht nur den praktischen Grundstein für seine Tätigkeit als Kameramann, sondern stellte auch entscheidende Weichen für die Zukunft. So begann die Zusammenarbeit mit Regisseur Edgar Reitz, dem er 1963 an das mit Alexander Kluge gegründete Institut für Filmgestaltung an der Hochschule für Gestaltung in Ulm folgte. Dort entwickelten sich filmische Ideen und Techniken, die prägend für Thomas Mauchs Gesamtwerk werden sollten und zugleich eine ganze Generation der Filmgeschichte fruchtbar beeinflussten – den Neuen Deutschen Film.
Mauchs Ästhetik charakterisiert nicht nur sein intensives Interesse an Landschaftsaufnahmen, sondern Spontaneität und Improvisation – so lehnt er beispielsweise den Einsatz von Storyboards ab. Sein geradezu dokumentarischer Stil kam von Anfang an zum Tragen. In Alexander Kluges “Abschied von gestern” (1966), heute gefeiert als Beginn des neuen deutschen Kinos, führte er mit Edgar Reitz zusammen die Kamera, bei Reitz’ Regiedebüt “Mahlzeiten” (ebenfalls 1966) war er dann alleine für die visuelle Gestaltung verantwortlich. Neben seinen Ulmer Kollegen – er fotografierte beispielsweise auch den dritten Teil von Reitz’ Heimat-Zyklus – profitierte auch Werner Herzog von Mauchs Auge. Mit dem Regisseur blieb er seit dessen Debüt “Lebenszeichen” (1968) verbunden und zeichnet verantwortlich für Werke wie “Aguirre, der Zorn Gottes” (1972) und “Fitzcarraldo” (1982). Seinen persönlichen Lieblingsfilm “Neapolitanische Geschwister” (1978) realisierte Mauch mit Werner Schroeter. Und auch den feministischen Aufbruch des deutschen Films unterstütze er mit seiner Kameraarbeit – etwa in Ula Stöckls “Neun Leben hat die Katze” (1968) oder “Unter dem Pflaster ist der Strand” (1975) von Helma Sanders-Brahms.
Für seine herausragende Kameraarbeit erhielt Thomas Mauch zahlreichen Auszeichnungen, u.a. dreimal das Filmband in Gold bzw. den Bundesfilmpreis.
Marburger Kamerapreis
Die Philipps-Universität Marburg und die Universitätsstadt Marburg vergeben den Marburger Kamerapreis zum 19. Mal. Thomas Mauch nimmt den Preis am 9.3.2019 um 20.00 Uhr in der Alten Aula der Philipps-Universität Marburg entgegen. Vom 7.3. bis 9.3. finden die Bild-Kunst-Kameragespräche rund um die Preisvergabe in den Filmkunsttheatern im Capitol Marburg statt.
pe/MiA