Der Marburger IT-Experte Hansjörg Lienert wurde als Arbeitgeber der Zukunft ausgezeichnet.
Bei dem Marburger Blindentechnik-Hersteller „Dräger Lienert“ arbeiten bis heute viele Tüftler. Drei Patente hält das Unternehmen, das auch mit der Technischen Hochschule Mittelhessen, der TU Dresden, der Universität Gent und dem Fraunhofer Institut in Darmstadt zusammenarbeitet. Viermal wurden die inklusiven Softwaresysteme auf der Erfindermesse in Nürnberg prämiert. Inzwischen hat das „Deutsche Institut für Nachhaltige Digitalisierung“ die Firma als „Arbeitgeber der Zukunft“ ausgezeichnet.
Damit würdigt das unter der Schirmherrschaft der ehemaligen Bundesjustizministerin Brigitte Zypries stehende Institut die große Flexibilität und die guten Entwicklungsmöglichkeiten für die elf Mitarbeiter der Firma, zu denen vier blinde Fachleute gehören. Das Unternehmen entwickelt Softwaresysteme und Arbeitsplatzausstattungen, mit denen Blinde ebenso schnell und effizient arbeiten können wie Sehende.
Zu den Kernprodukten zählt etwa das Softwaresystem „Easy Task“, das inzwischen tausendfach verkauft wurde. Es vereinfacht Arbeitsabläufe wie Login-Prozeduren, Google-Suche sowie das Kopieren von Texten. Speziell an Vereine und Verbände richtet sich eine Software, mit der Mitgliederverwaltung, Fundraising, Abrechnung und Dokumentenmanagement auch von Blinden übernommen werden kann. Häufig verwendet werden auch elektronische Programme, mit denen Blinde und Sehende in Callcentern und Telefonzentralen problemlos zusammenarbeiten können. Eingesetzt werden die Systeme etwa im Bundeskanzleramt und im Bundestag, in Ministerien, beim Bundesgerichtshof, bei Regierungspräsidien, Stadtverwaltungen und in Universitäten.
Das Unternehmen kümmert sich zudem um spezielle Arbeitsplätze etwa für blinde Juristen, Psychotherapeuten, Pfarrer, Landwirte und Architektinnen, aber auch für Menschen, die ihren PC nicht mit den Händen steuern können. Dabei ist der kleine Betrieb nicht auf Deutschland begrenzt. Die Systeme werden auch in Kanada, Neuseeland, Australien und den USA genutzt. Und das internationale Geschäft soll nun ausgebaut werden. Gegründet wurde die herstellerunabhängig arbeitende Firma 1989 von Hansjörg Lienert und seiner Ehefrau Kerstin Dräger-Lienert. Auf die Unternehmensidee kam der selbst fast blinde IT-Experte, als er nach Lösungen fürneigene PC-Probleme suchte. Sein Ziel: Was seinen Kunden beim Sehen fehlt, wird durch Technik kompensiert.
gec