Der Molekularbiologe Florian Lindner hat einen Weg gefunden, Krankheitserreger gezielt als Transportmittel für Therapiezwecke umzuprogrammieren. Für seine Forschung hat Lindner nun den Marburger Förderpreis für Bio- und Nanotechnologie erhalten.

Mit seiner Erfindung könnte es eines Tages bessere Krebsmedikamente geben: Der Molekularbiologe Florian Lindner hat einen Weg entdeckt, das Injektionssystem von Krankheitserregern zu steuern. Für diese Forschung ist er nun von der Stadt Marburg und der Philipps-Universität ausgezeichnet worden. Der 30-Jährige erhielt den MarBiNa-Förderpreis für Bio- und Nanotechnologie, der mit 5000 Euro dotiert ist.

Der Nachwuchswissenschaftler hatte eine eigenwillige Idee: Er möchte die Fähigkeiten von Krankheitserregern dazu nutzen, Proteinarzneimittel gezielter einzusetzen. Besonders wichtig kann dies etwa bei der Behandlung von Krebstumoren sein. Sein Weg: Krankmachende Bakterien haben Mechanismen entwickelt, wie sie menschliche Zellen sehr effektiv befallen können. Dazu verwenden sie verschiedene Injektionssysteme. Besonders häufig ist das Typ3-Injektionssystem, mit dessen Hilfe sich jedes Jahr Millionen von Menschen infizieren. Es ist zum Beispiel für Krankheiten wie Pest, Cholera, Salmonellen und Typhus verantwortlich.

Lindners Grundfrage: Wie können wir dieses System so umprogrammieren, dass es auch nützliche Stoffe gezielt und kontrolliert transportieren kann – etwa Antigene für Impfungen oder Krebsmedikamente? Dazu nutzte er zugleich seine Erfahrungen aus der sogenannten Optogenetik, bei der etwa Nervenzellen mithilfe von Licht beeinflusst werden können. Und es gelang ihm, ein lichtkontrolliertes Injektionssystem zu schaffen. In der Dunkelheit bleibt es inaktiv. Mit Blaulicht könnte es jedoch – zum Beispiel in einem Tumor – aktiviert werden, um Krebszellen sehr gezielt zu töten. Das Verfahren hätte auch deutlich weniger Nebenwirkungen.

„Das ist aber erst der erste Schritt“, sagt Florian Lindner. Er konnte in der Zellkultur zeigen, dass diese Methode funktioniert – mit diesem Thema hat er promoviert. Folgen müssten nun Versuche an Mäusen und mit Rotlicht, das tiefer ins Gewebe eindringen kann. Sind auch diese Experimente erfolgreich, könnten klinische Studien starten.

Für Lindners Erfindung hat die Max-Planck-Gesellschaft ein Patent angemeldet. „Bislang gab es keine Methode, das Injektionssystem schnell und dosiert zu steuern“, erläutert der 30-Jährige. Drei Jahre lang hat er daran gearbeitet. Tausende von Kolben mit Bakterienkulturen hat er angesetzt, um zu erfahren, wie und ob sie unter Blaulicht Krebszellen bekämpfen.

Bei der Verleihung im Marburger Rathaus lobte Oberbürgermeister Thomas Spies Lindners “höchst originellen Ansatz”. Mit seiner Methode könnten herkömmliche Therapieformen wie die Chemotherapie erheblich verbessert werden, so Spies.
Lindner ist bereits der neunte Preisträger des Förderpreises Bio- und Nanotechnologie, mit dem junge Forschende für hervorragende Leistungen mit hohem wirtschaftlichen Praxisbezug ausgezeichnet werden. Ausgeschrieben wird der Preis von der Initiative Bio- und Nanotechnologie (IBiNa) aus Marburg.

Zur Person

Florian Lindner stammt aus Nordhessen und studierte Biologie in Erlangen, Göttingen und Marburg. Für seine Bachelorarbeit veredelte er Hefe so, dass sie Rosenduft herstellt. Derzeit arbeitet er als Postdoc an der Universität Zürich. Im Sommer wechselt er in ein Pharmalabor, in dem an neuen Krebstherapiemethoden gearbeitet wird.

pe/LB

Bild mit freundlicher Genehmigung von Patricia Grähling