Das gab’s hier so noch nie. Zwar hatte unser beschauliches Lahn-Athen in seinen Latifundien am Afföller schon mal ein veritables Aerodrom, über dem kein geringerer als Teufelsflieger Ernst Udet seinerzeit in den Goldenen Zwanzigern koppheister waghalsige Kunststückchen im “Flamingo”-Doppel­decker vollführte, bevor er sich nach geglückter Landung auf den saftigen Wiesen später dann in Bopp’s Terrassen die Kante gab, dabei nicht vergaß, den ein oder anderen lokalen Bierdeckel mit seinen bekannt launigen Bonmots zu zieren …

Aber eine andere Sensation des selbstbewegten Zeitalters im weiteren Sinne blieb den Marburgern durch lange Jahrzehnte verwehrt, und so musste erst dieser unsichtbare Unhold kommen, mit dem ihn begleitenden Einschränken, Zurückfahren und Einschlafen so gut wie aller gesellschaftlich-kultureller Regung, ehe die Bilder wieder das Laufen lernten und in Konsequenz auf dem Messeplatz in eben jenem Afföller mit knapp einhundertjähriger Verspätung Marburgs erstes Autokino wenn schon nicht seine Pforten öffnete, so doch 200 Pätze für den geschlossenen motorisierten Untersatz bereitstellte, in dessen splendider blecherner Isolation nun auf zunächst absehbare Zeit Cineasten groß und klein in den täglich wechselnden Genuss von Lein­wand­spektakel jeglicher Güteklasse kommen konnten.

Gut, das.

Michael Arlt

Bild mit freundlicher Genehmigung von Michael Arlt