Vor 25 Jahren beschloss der Kreistag Marburg-Biedenkopf, die Salzbödebahn von Marburg nach Bad Endbach-Hartenrod dicht zu machen. Die Federführung hatte damals die große Koalition mit dem Ersten Kreisbeigeordneten und späteren Landrat Robert Fischbach (CDU). Und nun ist es erneut eine rot-schwarze Koalition, die exakt diese Bahnlinie wieder aufmachen will. Nach der Vorstudie ist das Fahrgastpotenzial mehr als ausreichend. Auch die Viadukte im Marburger Hinterland sind in einem erstaunlich guten Zustand. Und die finanziellen Bedingungen haben sich seitdem verbessert. Eine genaue Kosten-Nutzen-Analyse soll jetzt eine Machbarkeitsstudie liefern, deren Ergebnis 2022 vorliegen soll.

Bis die ersten Züge am Flüsschen Salzböde entlang auf der malerischen Strecke rollen, wird es allerdings noch mindestens zehn Jahre dauern. Durch Tunnel und über Viadukte sollen sie das Kneipp-Heilbad Bad Endbach über Gladenbach und Lohra mit dem Bahnhof Niederwalgern verbinden, wo die Bahnreisenden weiter nach Marburg und Gießen fahren können.

Für den heutigen Kreisbeigeordneten Marian Zachow (CDU) ist die Bahn­an­bindung ein entscheidender Faktor für die Attraktivität von Gemeinden wie Lohra und Bad Endbach: „Das Auto ist für junge Menschen heute nicht mehr wichtig“, sagt der passionierte Bahn- und Busfahrer, der selbst fast täglich mit dem Zug von Stadtallendorf nach Marburg fährt: „Da geht es um elementare Zukunftsfragen.“ Zudem hätten sich die Rahmenbedingungen verbessert. Als der Kreistag 1994 gegen die Stimmen der Grünen und einzelnen Sozialdemokraten beschloss, die Strecke dicht zu machen, hätte der Kreis laut Verwaltung 2,8 Millionen Mark in den folgenden drei Jahren zuzahlen müssen. Der Fahrgastverband „Pro Bahn“ nannte die Salzbödebahn daher das „erste Opfer hessischer ÖPNV-Gesetzgebung“. Die Kreispolitiker setzten auf den billigeren Bus, obgleich die Strecke auch damals als erhaltenswert galt. Durch die Bahnreform, die Regionalisierungsmittel des Bundes und die veränderte Beteiligung des Rhein-Main-Verkehrsverbundes müsste der Kreis heute „fast gar nichts“ beisteuern, so Zachow.

Freilich wurde die Bahnlinie 1995 auch deshalb aufgegeben, weil sie sys­te­matisch heruntergewirtschaftet worden war: Am Wochenende rollte fast gar kein Zug mehr, unter der Woche gab es erhebliche Lücken und fehlende Bus­verknüpfungen. Der letzte Zug fuhr um 16.30 Uhr, dazu oft parallel zu den Bussen. Außerdem lagen einige Bahnhöfe ungünstig außerhalb der Ortschaften.

Vorsichtig gerechnet kommt die Vorstudie für die Salzbödebahn nun auf tägliche Fahrgastzahlen von mindestens 2200 Menschen. Damit liegt Potenzial der Strecke höher als bei vielen anderen aktuell diskutierten Reaktivierungs­projekten in Hessen. Zudem sind die beiden Viadukte – darunter die 175 Meter lange Brücke von Bad Endbach – in einem „überraschend guten Zustand“.

Stolpersteine gibt es gleichwohl: In Lohra wurde neben dem alten Bahnhof ein Supermarkt auf den Gleisen errichtet. Zudem steht ein neues Feuerwehr­ge­räte­haus auf der Strecke. In Lohra müssten die Schienen daher verlegt werden. Von der Eisenbahnüberführung in Weidenhausen stehen nur noch die seitlichen Tragwände.

Wirklich bitter ist jedoch die Tatsache, dass die Salzbödebahn in jedem Fall eine Sackgasse bleiben wird. Die Strecke führte nämlich früher von Bad Endbach-Hartenrod weiter nach Herborn in den Lahn-Dill-Kreis. Doch dieser Teil lässt sich nicht mehr reaktivieren, weil Industriegebäude und Straßen auf der ehemaligen Schienentrasse errichtet wurden. Und zumindest im Raum Herborn ist das Tal so eng, dass die Gleise nicht verlegt werden können. Dabei wurde dieser Teil der Bahnstrecke erst 2001 aufgegeben.

Ohmtalbahn

Und es gibt noch eine zweite Bahnstrecke, die der Kreis gern wieder öffnen würde: Die bereits 1980 für den Personenverkehr stillgelegte Ohmtalbahn von Kirchhain über Amöneburg, Schweinsberg und Homberg bis nach Nieder-Gemünden böte die Chance auf eine durchgehende Verbindung von Marburg bis nach Fulda, die damit nur unmerklich länger als eine Autofahrt wäre. Zudem rollt der Güterverkehr noch auf einem zwölf Kilometer langen Teil der Strecke. Die Reaktivierung der 20 Kilometer langen Nebenbahn wäre trotzdem komplizierter, weil die prognostizierten Fahrgastzahlen niedriger als bei der Salzbödebahn sind. Zudem gelten Teile der Strecke nicht mehr als Bahnstrecke, sondern befinden sich in der Planungshoheit der Kommunen. Ob sie trotzdem wieder eröffnet werden könnte, klärt nun eine Vorstudie.

Direktverbindung nach Siegen

Bereits seit Dezember 2019 testet die Kurhessenbahn eine Direktverbindung auf der malerischen Strecke von Marburg nach Siegen. Bislang fahren diese Züge allerdings nur an Samstagen – ansonsten ist Umsteigen nötig. Ab Dezember 2025 sollen diese Züge sogar täglich im Stundentakt follen. Dazu müssen der Kreuzungsbahnhof in Saßmannshausen im angrenzenden Kreis Siegen-Wittgenstein gebaut der Leimstruther Tunnel saniert werden.

Halbstundentakt nach Gießen
Der Fahrplanwechsel bringt einige Verbesserungen für die Region in 2021: Mit der Regionalbahn 41 gibt es werktags in Zukunft einen durchgängigen Halbstunden­takt zwischen Marburg und Gießen. Neu sind zusätzliche Spätzüge, die an den Wochenenden von Frankfurt in die Region fahren. Auch bei der Verbindung zwischen Marburg, Frankenberg und Korbach gibt es ab sofort einen durch­gehenden Stundentakt von 6.39 bis 20.39 Uhr. Zudem gibt es deutliche Verbesserungen für Reisende in Richtung Herborn und Dillenburg. Ab sofort verkehren die neuen Schnellbus-Linien X 37 von Gladenbach nach Herborn sowie X 41 von Biedenkopf nach Dillenburg werktags im Stundentakt. Neue, zum Teil barrierefreie Bahnsteige gibt es für die Bahnhöfe Biedenkopf, Goßfelden, Sterzhausen und Buchenau. Bürgeln, Niederwalgern, Kirchhain und Marburg-Süd sollen folgen. In Sarnau und Buchenau werden derzeit zwei neue Stellwerke gebaut. Darüberhinaus plant die Kurhessenbahn neue Haltepunkte in Wetter-Todenhausen und Niederwetter.

Gesa Coordes

Bild mit freundlicher Genehmigung von Gesa Coordes