Marburg ist Hessens fahrradfreundlichste Stadt ihrer Kategorie

In Hessen ist Marburg die fahrradfreundlichste Stadt unter den Kommunen seiner Größenordnung. Das zeigt der jüngste Radklimatest des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs ADFC. Auch im bundesweiten Vergleich konnte sich die Universitätsstadt erneut verbessern: Unter 110 Städten erreichte Marburg Platz 14. Damit kletterte die Stadt im Vergleich zum letzten Radklimatest vor zwei Jahren um zehn Plätze nach oben. 

Wolfgang Schuch vom Marburger ADFC erklärt sich den Aufstieg mit der wachsenden Zahl von Fahrradampeln und den neuen Radwegen in der Marburger Nordstadt, wo die Elisabeth- und die Bahnhofstraße für Radler geöffnet wurden: „Das ist ein Meilenstein“, so der Experte. Zudem nehme die Verkehrsplanung die Radfahrenden ernst. Auf dem positiven Ergebnis im Städteranking ausruhen dürfe man sich aber nicht, warnte Schuch. 

Er schätzt den Anteil der Radler in Marburg inzwischen auf mindestens 15 Prozent – deutlich höher als noch vor einigen Jahren. Dies zeigt sich auch bei der Zahl der Marburger, die am Radklimatest teilnahmen – sie stieg von knapp 300 auf knapp 500.

Zu den Stärken der Stadt zählt das ursprünglich vom Asta der Universität eingeführte Angebot für Leihräder. Nachdem Marburg das Fahrradverleihsystem Nextbike so ausgeweitet hat, dass alle Bürger bei der Ausleihe eine halbe Stunde lang kostenlos radeln können, erreicht diese Rubrik nun die Note 1,9. 

Insgesamt hat sich Marburg in fast allen 27 Kategorien des Tests verbessert. Schlechter als im Bundesdurchschnitt ist Marburg nur noch beim offenbar häufigen Fahrraddiebstahl. Deutliche Verbesserungen gab es für den Stellenwert des Radverkehrs, das Radverkehrsnetz, die Kontrolle von Falschparkern, die Ampelschaltungen, die Fahrradförderung in jüngster Zeit, den Winterdienst und die Reinigung der Radwege. Verschlechterungen gab es nirgendwo. Allerdings erreicht Marburg trotzdem nur eine Durchschnittsnote von 3,6 – das bedeutet, dass die Stadt ihre gute Platzierung im Städteranking auch der Tatsache verdankt, dass die Bedingungen für Radler in anderen Städten noch schlechter sind. 

So sind die Marburger zumindest nach Noten sehr unzufrieden mit der Kontrolle von Falschparkern in der Stadt – hier gibt es eine 4,4 (bundesweit liegt der Wert bei 4,8). Besonders deutlich wird dies immer wieder in der Elisabethstraße, wo täglich Autos und Lieferfahrzeuge so parken, dass die Radler in den Gegenverkehr ausweichen müssen. Sie bemängeln auch die Breite der Wege (Note 4,7) und die Führung an Baustellen (4,6). Auch das Klima zwischen Fahrradfahrern und Autofahrern ist nach wie vor sehr aggressiv, berichtet Wolfgang Schuch.  Die Note liegt nur leicht verbessert bei einer immer noch miserablen 4,4. 

Noten im Zweier-Bereich gibt es dagegen bei den in die Gegenrichtung geöffneten Einbahnstraßen, der Erreichbarkeit des Stadtzentrums, dem zügigen Radfahren und der Infrastruktur. 

In Hessen hat Marburg damit Rüsselsheim als fahrradfreundlichste Stadt unter den Kommunen in der Kategorie mit 50.000 bis 100.000 Einwohnern abgelöst. 

Im Bundesvergleich liegt Marburg auf Platz 14 von 110 teilnehmenden Städten in dieser Kategorie. Dagegen liegt etwa die Nachbarstadt Gießen, deren Topographie das Radeln deutlich einfacher macht, nur auf Platz 40. 

Oberbürgermeister Thomas Spies hat aber noch mehr vor: Er möchte Marburg innerhalb der nächsten Jahre in die bundesweiten Top10 im Radklimatest bringen: „Mehr Raum für Fahrräder schafft mehr Raum für alle Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer“, sagt er. Daher soll auch die für mehr Rücksicht werbende Kampagne „Marburg Miteinander – fair im Verkehr“ fortgesetzt werden, damit der Verkehr für alle sicherer wird.

Ein weiterer Aufstieg kann funktionieren, wenn sich die Stadt weiter anstrenge, urteilt Wolfgang Schuch vom ADFC: „Politischer Wille wird von den Radfahrenden sehr wohl wahrgenommen.“ Er setzt nun darauf, dass die Straße am Grün auf beiden Seiten für den Radverkehr geöffnet wird. Das sei angesichts des oft überfüllten Radweges am Trojedamm dringend nötig. Zudem wünscht er sich ein Fahrradparkhaus am Fuß der Oberstadt.  

Gesa Coordes

Bild mit freundlicher Genehmigung von Gesa Coordes