In lauen Sommernächten bevölkern wieder Fledermäuse den Himmel. Petra Gatz, Fledermasexpertin vom NABU Hessen, erklärt, wo sich die “Kobolde der Nacht” am wohlsten fühlen.
Sie sind wieder aktiv: Die Fledermäuse. Allerdings war das Frühjahr immer wieder eine schwierige Zeit für die fliegenden Säugetiere. Oft sind sie stark abgemagert und geschwächt, weil in der Winterschlafzeit die Reserven verbraucht wurden. Die erste Devise der Fledermäuse ist es deshalb, die im Winter aufgebrauchten Fettreserven wieder aufzufüllen und nach der langen Lethargie wieder zu Kräften zu kommen. Durch die noch kühlen Nachttemperaturen sind jedoch noch wenig Insekten unterwegs. So kommt es häufig vor, dass geschwächte Fledermäuse aufgefunden werden. „Wenn sie nicht gleich ausreichend Nahrung finden, sind sie so entkräftet, dass sie nicht mehr weiterfliegen können. Sie liegen auf dem Boden oder hängen frei an einer Wand oder einem Baum“, teilt Petra Gatz mit, Fledermausexpertin beim NABU Hessen.
Doch wie kann man entkräfteten Fledermäusen richtig helfen? „Wird eine Fledermaus tagsüber an einer offen zugänglichen Stelle gefunden, kann man davon ausgehen, dass sie Hilfe benötigt“, so Gatz. Dafür versieht man eine kleine Pappschachtel mit Luftlöchern, zerknülltem Küchenpapier zum Verstecken und einem Schraubdeckel mit Wasser. Dann setzt man die Fledermaus mit Hilfe von etwas dickeren Handschuhen oder einem Handtuch vorsichtig hinein und verschließt die Schachtel ausbruchsicher mit Klebeband. Anschließend nimmt man schnellstmöglich Kontakt mit dem bundesweiten Fledermaus-Infotelefon unter 030-284984-5000 auf und lagert die Fledermaus bis zur Übergabe an kühler Stelle.
Wenn es wärmer wird, werden auch die Beutetiere der Fledermäuse, die Insekten, wieder aktiv. Sobald Käfer und Co. wieder über den Waldboden rascheln und kleine Mücken über den Wasseroberflächen schwirren, ist der Tisch der Fledermäuse wieder gedeckt. Doch auch Balkon und Garten können zum Fledermausbüffet werden. Die kleinen Säugetiere fühlen sich am wohlsten in einem naturnahen, vielfältig gestalteten Garten mit reichlich Insekten. Je artenreicher der Garten, desto mehr Insekten tummeln sich dort. Statt Kirschlorbeer oder einer blickdichten Thujahecke sollten daher heimische Gehölze wie Holunder, Weißdorn und Hundsrose gepflanzt werden. „Ein giftfreier Garten versteht sich für Fledermausfans natürlich von selbst. Denn ohne Insekten, keine Kobolde der Nacht“, sagt Fledermausexpertin Gatz. Nachtblühende, nektarreiche Blütenpflanzen, zum Beispiel gewöhnliches Leimkraut, Seifenkraut und Wegwarte, sind ein Feinschmeckerlokal für die Tiere. Durch ihren intensiven Duft locken die Pflanzen Nachfalter an, die Lieblingsspeise vieler Fledermausarten. „Eigentlich helfen aber auch schon Küchenkräuter, die wir selbst gerne nutzen und für die auf jedem Balkon Platz ist“, empfiehlt Gatz. So freuen sich viele Insekten und damit auch die Fledermäuse über Borretsch, Minze, Zitronenmelisse, Salbei oder Schnittlauch. Auch Wasser zieht viele Insekten an – und bietet Fledermäusen so einen reich gedeckten Tisch. Wer also kann, sollte über einen Gartenteich nachdenken.
Die Mehrzahl der in Hessen vorkommenden Fledermausarten ist gebäudebewohnend und findet leider immer weniger geeignete Unterkünfte. Daher sind sie auf Quartiere im menschlichen Umfeld angewiesen. „Wer den Fledermäusen etwas unter die Flügel greifen möchte, kann ganz einfach ein Fledermausquartier am Haus oder im Garten installieren“, rät Petra Gatz. Denn natürliche Quartiere wie zum Beispiel Baumhöhlen werden immer seltener, und auch durch Gebäudesanierungen und Dämmmaßnahmen gehen viele Spaltenquartiere verloren. Mit der Installation eines Fledermausbretts oder eines Höhlenkastens kann man den Fledermäusen ein Plätzchen anbieten, an dem sie in aller Ruhe von den nächtlichen Strapazen erholen und den Tag entspannt verschlafen können. „Fledermäuse sind sehr angenehme Untermieter, machen keinen Lärm und richten keine Schäden an der Bausubstanz an. Lediglich kleine Hinterlassenschaften verraten ihre Anwesenheit am Haus. Diese gelten jedoch als hervorragender Pflanzendünger“, so Gatz.
Der NABU Hessen zeichnet übrigens Personen aus, die sich im Fledermausschutz einsetzen, in dem sie bestehende Quartiere erhalten oder neue Quartiere am Gebäude anbieten. Auf der Webseite www.NABU-Hessen.de kann man sich über ein bereitgestelltes Formular bewerben und an der Aktion „Fledermausfreundliches Haus“ teilnehmen. Fledermäuse bringen Hausbesitzern auch einige Vorteile. So vertilgen sie z.B. bis zu 4000 Mücken pro Nacht und zeigen, wo das Lebensumfeld noch intakt ist. Das Anbringen von Fledermausquartieren ist auch bei Renovierungsarbeiten an Häusern problemlos durchführbar. Nur wenige Maßnahmen reichen schon aus, um dem faszinierenden Flugsäuger zu helfen.
Wer Fledermäuse in Aktion erleben möchte, sollte bei den kostenlosen, anmeldefreien Fledermausexkursionen die Stadt Marburg mitmachen. Die Führungen finden statt an den Samstagen 24.6. 21.30 Uhr, 29.7. 21 Uhr und 26.8. 20 Uhr. Treffpunkt ist jeweils an der Fledermaus-Informationstafel am Hirsefeldsteg auf der Seite der Jugendherberge.
pe/MiA