Rund 2500 Landwirte und Unterstützer*innen demonstrierten am Samstagnachmittag in der Marburger Innenstadt gegen die Sparmaßnahmen der Ampelregierung.

Bereits gegen 10 Uhr morgens setzten sich Landwirt*innen aus dem gesamten Landkreis Marburg-Biedenkopf von verschiedenen Sammelpunkten aus mit ihren Traktoren in Bewegung – ein Konvoi, der zu Höchstzeiten, laut Angaben der Polizei, bis zu 500 Fahrzeuge umfasste.

Nach Ankunft am Georg-Gaßmann-Stadion zogen dann rund 2500 Demonstrationsteilnehmer*innen (Zählung der Polizei) vom Stadion über die Unistraße bis zum Erwin-Piscator-Haus zur Schlusskundgebung. Kernstück des Demonstrationszuges war ein Traktor mit Anhänger und Pflug, den die Landwirte als “Zeichen des Zusammenhaltes”, so ein Demonstrationsteilnehmer, mit reiner Muskelkraft an langen Tauen hinter sich herzogen. Schilder mit Sprüchen wie “Ohne Bauern keine Pommes” und “Wie sieht die Zukunft der Landwirtschaft aus?” zierten einen Hänger mit Kartoffelroder, der den Zug anführte.

Es gehe den Landwirten um “Unterstützung und Wertschätzung”, so die Vorsitzende des Kreisbauernverbandes Marburg-Kirchhain-Biedenkopf Karin Lölkes, “aber letztendlich auch um den Geldbeutel”. Die Forderungen des Bauernverbandes sollten “zu 100 Prozent erfüllt werden”. Die Unterstützung der Bevölkerung sehe sie hierbei hinter sich.

Die Protest-Aktion war der Auftakt zur bundesweiten Aktionswoche, die ab Montag, den 8. Januar stattfinden wird. Montags ab 10 Uhr sind erneut Traktorkorsos angemeldet, die sich zur Großdemonstration nach Wiesbaden begeben. Zudem werden einige hessische Betriebe aus Solidarität am Montag die Arbeit niederlegen. Bereits kurz vor Weihnachten hatten Unbekannte im Kreis Marburg-Biedenkopf sowie im Kreis Gießen Galgen mit Ampelsymbolen aufgestellt – mutmaßlich ebenfalls eine Protest-Aktion der Landwirte gegen die Regierung.

Die Hintergründe

Für den Haushaltsplan 2024 hatte die Bundesregierung maßgebliche Kürzungen angekündigt, die auch den Agrarsektor treffen. So wurden ursprünglich eine Streichung der Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer für die Landwirt*innen sowie die Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel angekündigt. Nach Protesten der Bauernverbände im Dezember kündigte die Regierung an, die Befreiung der Steuer zunächst beizubehalten sowie die Steuerbegünstigungen nur schrittweise zu vollziehen. Dem Bauernverband geht dieser Kompromiss allerdings nicht weit genug.

Kritik an den Protesten gab es unter anderem von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, der sich zunächst für die Landwirt*innen einsetzte, mit der Neuverhandlung das Ziel jedoch erreicht sah. Auch verzeichneten hessische Landwirte laut einer aktuellen Auswertung des Landesbetriebs Landwirtschaft Hessen (LLH) im Wirtschaftsjahr 2022/2023 ein “bisher nie dagewesenes Rekordergebnis” – und das trotz anhaltender Krisen. Betriebliche Erträge stiegen derzeit deutlich stärker als die Aufwendungen, zudem wurden EU-Direktzahlungen in der Höhe von 34.050 € je Betrieb ausgezahlt. Landwirtschaftliche Betriebe profitierten dabei maßgeblich von den durch den Ukrainekrieg ausgelösten Preisturbulenzen, so ein Bericht von agrar heute.

Weiterhin berichtete die tagesschau über Vereinnahmungsversuche der Proteste in Stuttgart durch völkisch-nationalistisch bis rechtsextreme Gruppierungen, von welchen sich der Landesbauernverband Baden-Württemberg jedoch deutlich distanzierte.

Hier geht es zur Auswertung des Landesbetriebs Landwirtschaft Hessen für das Wirtschaftsjahr 2022/2023.

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Bild mit freundlicher Genehmigung von Toni Thonius