Schnelltests für Helfer / Rekord bei der Briefwahl erwartet

Schnelltests, Spuckschutzwände, eigene Stifte und rekordverdächtig viele Briefwähler: Die Kommunalwahl am 14. März wird keine Wahl wie jede andere. Weil mitten in der Corona-Pandemie abgestimmt wird, geht es zugleich um Abstand, Hygieneregeln und Masken. Am 14. März sind knapp 59.000 Wahlberechtigte in Marburg dazu aufgerufen, über die künftige Zusammensetzung der Stadtverordnetenversammlung, des Kreistages und der Ortsbeiräte abzustimmen. „Diese Wahl ist sehr viel aufwändiger“, sagt der städtische Wahlleiter Dieter Finger: „ Das toppt alles, was wir bisher gehabt haben.“ Das liegt allerdings auch daran, dass zeitgleich fünf Wahlen anstehen. Besondere Spannung verspricht die gleichzeitig anstehende Oberbürgermeisterwahl in der Universitätsstadt. Zudem wird über den Ausländerbeirat abgestimmt. 

Seit Wochen füllen Flyer, Wahlbriefe und Werbebroschüren der Parteien und Listen die Briefkästen der Marburger. Schließlich haben die Kandidaten weniger Möglichkeiten, sich an Infoständen und in Wahlkampfversammlungen zu präsentieren. Also machen sie stattdessen Live-Streams und Podcasts, präsentieren sich auf Facebook und Instagram – und verschicken zumindest teilweise sehr viel Werbung. 

Auf Corona eingestellt haben sich auch die Wahlämter der Kommunen. So mussten manche der traditionellen Wahllokale Marburgs aussortiert werden. Dazu gehört etwa das Staatsarchiv im Südviertel, wo Lüftung und getrennte Aus- und Eingänge schwierig zu gewährleisten sind. Stattdessen wird nun in der Stadtmission gewählt. 

Um sowohl die Wähler als auch die Wahlhelfer zu schützen, müssen in den Wahllokalen konsequent Masken getragen werden. Die insgesamt 1300 Wahlhelferinnen und Wahlhelfer Marburgs erhalten FFP-2-Masken. Für Menschen, die ihre Mund-Nasen-Bedeckung vergessen haben, stellt die Stadt OP-Masken zur Verfügung. 

Markierungen am Boden und Beschilderungen leiten die Wählerinnen und Wähler so, dass sie sich möglichst wenig begegnen. Wahlkabinen und Wahlurnen werden regelmäßig desinfiziert. Und beim Wählen vor Ort sollten mitgebrachte eigene Stifte benutzt werden, um die Kreuzchen zu setzen. 

Die Wahlhelferinnen und Wahlhelfer arbeiten hinter Plexiglasscheiben. Zu Beginn des Wahlsonntags können sie einen Corona-Schnelltest machen – die Stadt stellt die Tests zur Verfügung. Ihr Erfrischungsgeld wurde angesichts der schwierigen Bedingungen leicht erhöht. Die Aufwandsentschädigung für den Wahlsonntag beträgt jetzt zwischen 50 und 60 Euro. Schließlich war es selten so schwierig wie in diesem Jahr, Helfer für das Beaufsichtigen der Wahlen und das Auszählen der Stimmen zu finden. 

Bereits absehbar ist eine rekordverdächtig hohe Zahl von Briefwählern. Eine Woche vor der Wahl gab es bereits 17.000 Anträge auf Briefwahlunterlagen. Das bedeutet, dass wahrscheinlich mehr als 60 Prozent der Bürgerinnen und Bürger per Brief abstimmen – zumindest, wenn die Wahlbeteiligung ähnlich hoch beziehungsweise niedrig ist wie vor fünf Jahren. Da lag sie bei rund 46 Prozent. 

Allerdings könnte die Wahlbeteiligung angesichts der Oberbürgermeisterwahl auch höher liegen: Amtsinhaber Thomas Spies (SPD) muss sich am „Superwahlsonntag“ gegen acht Herausforderer behaupten. Zu den aussichtsreichen Kandidaten gehören der CDU-Landtagsabgeordnete Dirk Bamberger und die grüne Richterin Nadine Bernshausen. Zudem bewerben sich Andrea Suntheim-Pichler (Bürger für Marburg), Michael Selinka (FDP), Mariele Diehl (Klimaliste), Renate Bastian (Marburger Linke), Erojo Jounes (Marburg24) und Frank Michler (Bürgerliste Weiterdenken). Dass es eine Stichwahl geben wird, gilt daher als sicher. 

Aber auch die zukünftigen Mehrheitsverhältnisse im Stadtparlament sind noch offen. Aktuell stellt die SPD die stärkste Fraktion. Zudem ist Marburg eine Hochburg von Grünen und Linken. Zugleich drängen neue Gruppierungen wie die Klimaliste und die Anti-Lockdown-Partei „Weiterdenken“ ins Parlament. Insgesamt werben zwölf Parteien um die Gunst der Wähler. Bislang sind neben SPD, CDU, Grünen und Linken die Freien Demokraten, die Marburger Bürgerliste, die Bürger für Marburg und die Piraten in der Stadtverordnetenversammlung vertreten. Im Kreis Marburg-Biedenkopf, der bislang von einer großen Koalition regiert wird, kandidieren insgesamt zehn Parteien und Listen. 

Gesa Coordes


Kumulieren und Panaschieren

Bei der Kommunalwahl können auf dem Stimmzettel für die Stadtverordnetenversammlung bis zu 59 Kreuzchen, auf dem für den Kreistag bis zu 81 Kreuze gesetzt werden. Beim Kumulieren können bis zu drei Stimmen auf einen Kandidaten verteilt werden, um dessen Position innerhalb einer offenen Liste zu verbessern. Beim Panaschieren können die Wähler ihre Stimmen über mehrere Listen verteilen. Wer einer Partei oder Liste insgesamt das Vertrauen schenken möchte, kann die Stimmen komplett abgeben, indem diese Liste in dem dafür vorgesehenen Kreis direkt in der Kopfzeile angekreuzt wird. Die Verfahren sind auch kombinierbar. Wer bei einer Liste ein Kreuz setzt, kann zudem Bewerber streichen. Um keine Stimme zu verschenken, werden genaue Informationen im Vorfeld empfohlen. Erklärvideos zur Kommunalwahl finden sich unter www.marburg.de/wahlen

gec


Wahlergebnis kommt spät

Mit dem Ergebnis der Oberbürgermeisterwahl rechnet die Stadt Marburg am Sonntag gegen 20 Uhr. Das Endergebnis für die Stadtverordnetenversammlung wird voraussichtlich erst am Dienstagabend feststehen. Am Sonntagabend gibt es zunächst nur ein Trendergebnis, bei dem die Voten der Wähler gezählt werden, die einfache Listenkreuze gemacht haben. Alle Stimmzettel, auf denen kumuliert oder panaschiert wurde, werden ohnehin erst ab Montag ausgezählt. Erfahrungsgemäß kann sich das Wahlergebnis dann noch einmal erheblich verändern.

Komplizierter wird es auch angesichts der hohen Zahl von Briefwählern. Dadurch sinkt nämlich die Zahl der Wähler vor Ort. Und wenn in einem Wahllokal – etwa auf den Dörfern – weniger als 50 Menschen wählen, müssen die Wahlzettel in Nachbarorte gebracht und dort ausgezählt werden. Sonst – so fürchtet man – sei unter Umständen nachzuvollziehen, wer wen gewählt habe. 

gec

Bild mit freundlicher Genehmigung von Georg Kronenberg