Herkömmliche Solarzellen auf Siliziumbasis haben vergleichsweise eine geringe Energieausbeute. Der Marburger Physiker Jan Christoph Goldschmidt forscht an neuen Wegen für die Solarenergie – seine Zellen bestehen aus mehreren übereinanderliegenden Schichten.

Vergangenes Jahr erreichte die Photovoltaik (PV) einen wichtigen Meilenstein: Die weltweit installierte elektrische Leistung überstieg den magischen Wert von einem Terawatt (TW). „Das entspricht ungefähr eintausend Atomkraftwerken“, erläutert der Marburger Physiker Jan Christoph Goldschmidt. Wieviel Leistung aus Photovoltaik in Zukunft für einen kosteneffizienten Klimaschutz und zur Deckung der Energiebedürfnisse der Menschheit notwendig ist, hat eine internationale Forschungsgruppe jetzt im Fachmagazin „Science“ (Ausgabe vom 7. April 2023) vorgerechnet. Bis zum Jahr 2050 könnten 75 TW installiert sein. „Die PV leistet dann den größten Beitrag zur Energieversorgung und um den Klimawandel einzudämmen“, sagt Co-Autor Goldschmidt. Eine Herausforderung, die sein Team und er identifiziert haben ist, langfristig die Energieausbeute zu erhöhen, und zum anderen den Ressourcen- wie auch den Energieverbrauch bei der Produktion von Solarzellen weiter zu reduzieren. Wie eine Solarzelle der Zukunft aussieht, daran forschen Goldschmidt und sein Team in der Marburger Physik.

Klassische Solarzellen funktionieren auf Siliziumbasis. Deren Energieausbeute – Fachleute sprechen von Wirkungsgrad – ist physikalisch bedingt auf rund 29 Prozent beschränkt. Für höhere Wirkungsgrade sind daher andere Materialien, Materialkombinationen sowie neue Zelldesigns oder -konstruktionen gefordert. „Die Idee ist hier, zwei verschiedene Solarzellen übereinander zu stapeln“, sagt Goldschmidt. Bei diesen sogenannten Tandem-Solarzellen wandelt eine klassische Siliziumzelle das langwellige Licht in elektrische Energie um. Der kurzwelligere, sichtbare Anteil, der sonst nicht besonders effizient genutzt wird, wird dagegen in einer zweiten Materialschicht in Strom umgewandelt. Besonders geeignet sind hierfür sogenannten Perowskite. Dabei handelt es sich um eine Kristallstruktur, die erst seit rund zehn Jahren für Photovoltaik-Anwendungen erforscht wird.

Der Physiker Jan Christoph Goldschmitt von der Uni Marburg forscht zu neuartigen Solarzellen: Bei seinem Modell liegen zwei Zell-Schichten übereinander. So lässt sich mehr Licht in Energie umwandeln.

Energieverbrauch und Ressourceneinsatz weiter reduzieren

Beim Ressourceneinsatz wollen die Forschenden an gleich mehreren Stellschrauben drehen. Zwichen 2000 und 2022 wurde die Siliziummenge pro Megawatt (MW) Leistung schon von 14 Tonnen auf 2 bis 3 Tonnen reduziert. In Zukunft könnte sich der Verbrauch des Elements durch immer dünnere Siliziumscheiben noch weiter verringern. Da Silizium im Herstellungsprozess die größte Energiemenge verbraucht, wollen die Forschenden sogar komplett auf Silizium verzichten.
„Ins Spiel kommen Tandem-Zellen aus zwei verschiedenen Perowskit-Schichten, die wir hier bald herstellen und charakterisieren wollen“, berichtet Goldschmidt. Auch auf seltene und teure Materialien wie Silber für die elektrische Kontaktierung möchte der Forscher bald verzichten – stattdessen soll Kupfer, Aluminium oder sogar aus Pflanzenreststoffen erzeugtem Kohlenstoff an die Stelle des Edelmetalls treten. Das setzt jedoch detaillierte Forschung an Materialproben und -systemen voraus, die der Marburger Physiker, der vor rund einem Jahr vom Fraunhofer-Institut für Solare Energieerzeugung von Freiburg an den Fachbereich Physik der Philipps-Universität gewechselt ist, bald in neuen Labors anstoßen will.

Goldschmidt ist sich sicher, dass in den Tandem-Perowskit-Zellen enormes Potenzial steckt, um den Energiebedarf in Zukunft umweltschonend und das Klima schützend decken zu können. „Jedes Zehntel Grad Celsius weniger Klimaerwärmung zählt, um gravierende Klimafolgen zu vermeiden“, sagt Goldschmidt. Ein schneller Ausbau der Photovoltaik auf Basis der aktuellen Silizium-Technologie jetzt und die langfristige Entwicklung einer noch effizienteren und Ressourcen-schonender Solartechnik spielt dabei nach Ansicht des Fachmanns die größte Rolle.

pe

Bilder mit freundlicher Genehmigung von Pixabay und Martin Schäfer