Über 8000 Kunstwerke besitzt das Kunstmuseum der Uni Marburg – doch nicht bei allen ist die Herkunft eindeutig geklärt. Ob es sich bei einigen Gemälden um Raubkunst handelt, soll nun mit Fördermitteln erforscht werden.

Das Museum für Kunst und Kulturgeschichte der Philipps-Universität Marburg hat Werke von unklarer Herkunft im Bestand, darunter Gemälde von Alexej von Jawlensky, Paul Klee, Lovis Corinth, Gustave Courbet und Carl Spitzweg. Um deren Geschichte zu untersuchen, hat das Museum nun erfolgreich eine Förderung für ein zweijähriges Projekt eingeworben. Die Gesamtfördersumme beträgt rund 160.000 Euro und wird vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste in der Förderlinie Provinienzforschung im Bereich NS-Raubgut finanziert.
Zunächst sollen 150 Bilder aus der Sammlung erforscht werden. In den Bestand kamen Kunstwerke auch während der NS-Zeit, teilweise über Akteure des Kunsthandels, die in der Provenienzforschung als „Red Flag Names“ gelten – also als besonders verdächtig, mit NS-Raubkunst gehandelt zu haben. Zwei Bilder stammen aus jüdischem Besitz. Die Sammlungen des Marburger Kunstmuseums umfassen insgesamt etwa 8200 Objekte, darunter 1356 Gemälde.

Museumsdirektor Christoph Otterbeck erläutert: „Mit der Untersuchung soll ein Anfang gemacht werden, die Kunstsammlung des Museums auf Werke hin zu untersuchen, die in der NS-Zeit unrechtmäßig entzogen wurden, und damit die Grundlage für faire und gerechte Lösungen zu schaffen.“ Das Projekt beabsichtige auch, die wesentlichen Akteure zu erforschen, die die Entwicklung des Museums damals steuerten sowie die Interessen der beteiligten Institutionen kritisch zu reflektieren.
„Die Universität stellt sich mit diesem Projekt ihrer gesellschaftlichen Verantwortung und erzeugt Transparenz im Hinblick auf die Sammlung des Museums“, hebt Universitätspräsident Thomas Nauss hervor. „Die Würdigung durch das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“
Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste hat in der ersten Förderrunde 2023 insgesamt 1,76 Millionen Euro für Provenienzforschung im Bereich NS-Raubgut vergeben. Damit erhalten 17 Forschungsprojekte an Museen, Bibliotheken und wissenschaftlichen Einrichtungen sowie eine private Antragstellerin finanzielle Unterstützung, um zum Beispiel ihre Sammlung auf NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut hin zu untersuchen. Die Entscheidung über die Förderung trifft der Vorstand des Zentrums auf Empfehlung seines Förderbeirats.

Zu weiteren geförderten Institutionen der aktuellen Förderrunde zählt die Stiftung Topographie des Terrors in Berlin, wo die Bibliothek des Dokumentationszentrums auf NS-Raubgut hin untersucht werden soll. Ebenso wird die Oberlausitzische Bibliothek der Wissenschaften Görlitz gefördert, in der Buchbestände einer Gelehrtenvereinigung und einer pietistischen Vereinigung untersucht werden sollen.

pe/MiA

Bild mit freundlicher Genehmigung von Gabriele Neumann