Thomas Nauss wird Freitag (18. Februar) ins Amt eingeführt / Die Uni hofft auf normalen Lehrbetrieb im Sommersemester.

Noch ist die Marburger Philipps-Universität im Corona-Modus: Vorlesungen gibt es nur online. Normales Studentenleben haben die Studierenden in den vergangenen vier Semestern nicht kennengelernt. Pünktlich zum letzten Vorlesungstag des Winters wird der neue Uni-Präsident in sein Amt eingeführt: Der Umweltinformatiker Thomas Nauss (47) ist der neue Chef der Hochschule mit ihren 22.500 Studierenden und 5200 Beschäftigten. Er folgt auf die Kunsthistorikerin Katharina Krause (61), die nach zwölf Jahren an der Spitze der Uni nicht mehr antrat.

Im Sommersemester möchte die Hochschule wieder ihren normalen Lehrbetrieb starten, sagt Nauss. Er ist stolz darauf, dass die Impfquote an der Marburger Philipps-Universität ungewöhnlich hoch ist: Mehr als 95 Prozent der Beschäftigten und mehr als 90 Prozent der Studierenden sind geimpft. 

Gestaltungsspielräume schaffen, in denen alle ihre Ideen für die Universität einbringen können: Dieses Ziel hat der neue Uni-Präsident, der der vor allem auf die Zusammenarbeit über die Fächergrenzen hinaus und auf „Multiperspektiven“ setzt. „Die größte Stärke der Marburger Universität ist ihre Fächervielfalt“, sagt der 47-Jährige: „Wir forschen hier nicht nur parallel zueinander. Hier wird die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Fachdisziplinen gelebt.“ Diese Offenheit in Lehre und Forschung will er nun weiterentwickeln. Deshalb soll es in Zukunft offene Räume geben, in denen sich Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen unkompliziert austauschen können.

Als Uni-Präsident möchte der als integrierend geltende Nauss einen gemeinschaftlichen Führungsstil pflegen. Finanziell sei die Situation der Hochschule mit ihren zahlreichen denkmalgeschützten Gebäuden allerdings nach wie vor eng, berichtet er.

Thomas Nauss ist seit 2011 Professor für Umweltinformatik an der Philipps-Universität. Ursprünglich stammt er aus Süddeutschland, wo er Geographie, Fernerkundung und Bioklimatologie studiert hat. Nach einem kurzen Abstecher in die Industrie kam er 2002 zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter nach Marburg. Eine seiner ersten Luftmessstationen baute er in dieser Zeit in der Nähe seines heutigen Wohnorts Sarnau auf.  

Als Umweltinformatiker versucht Thomas Nauss, Umweltprobleme mit Methoden der Informatik zu lösen – ein bis heute seltener Schwerpunkt. Er promovierte über ein automatisiertes Verfahren zur Abgrenzung von Regenwolken. 2009 wurde er Professor an der Uni Bayreuth, 2011 kam er nach Marburg zurück. Als Wissenschaftler hat er sich mit zwei großen Projekten einen Namen gemacht: Er ist Sprecher des Loewe-Projekts „Natur 4.0“.  Dabei wird mit ausgefeilten Hightech-Methoden ein Frühwarnsystem zum Zustand des Waldes und gegen das Artensterben erarbeitet. Dazu werden Sensoren, Antennen und Drohnen im Universitätswald bei Caldern eingesetzt. Noch größer ist das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Biodiversitäts-Projekt, für das 400 Messstationen in der schwäbischen Alb, im Nationalpark Hainich und in einem Biosphärenreservat aufgebaut wurden.

2019 wurde Nauss zum Vizepräsidenten für Informationsmanagement an der Philipps-Universität. Er verhandelte den Digitalpakt für die Hochschule und stieß zahlreiche Projekte an. Die IT-Infrastruktur wurde so hochgerüstet, dass die Umstellung zur Online-Lehre während der Pandemie reibungsloser als an vielen anderen Universitäten klappte. „Das hat er super gemacht“, berichtet eine Professorin: „Ohne ihn wären wir noch nicht so weit.“

Gesa Coordes

Bild mit freundlicher Genehmigung von Gesa Coordes