Seit 25 Jahren widmet sich die Arbeitsstelle Holocaustliteratur den Zeitzeugenberichten von Opfern des NS-Regimes. Zur Jubiläumsfeier am Freitag kommen Liedermacher Wolf Biermann und Künstler Klaus Steinke nach Gießen.

In den Ledergriff eines Koffers eingenäht oder in Flaschen vergraben: Auf hauchdünnem Papier hielt der polnisch-jüdische Dichter Jizchak Katzenelson (1886–1944) seine Verse fest. Sein Poem „Dos lied vunem ojsgehargetn jidischn volk“, das er im Sonderlager im französischen Vittel schrieb, erzählt vom elenden Sterben und dem erbitterten Widerstand der Warschauer Ghettokämpferinnen und -kämpfer, zu denen er selbst einst gehörte. Katzenelson konnte dem Tod in Auschwitz nicht entrinnen, sein Werk aber überdauerte den Krieg.

Um wichtige Zeitzeugenberichte über den Holocaust für die Nachwelt zu bewahren, wurde vor 25 Jahren an der Gießener Universität die Arbeitsstelle Holocaustliteratur gegründet. Zur Feier des Geburtstags sind am Freitag (29. September) der Liedermacher Wolf Biermann und der Künstler Klaus Steinke eingeladen.
Biermann, dessen Vater ebenfalls im Widerstand gegen die Nationalsozialisten kämpfte und in Auschwitz ermordet wurde, übersetzte Katzenelsons Poem „Großer Gesang vom ausgerotteten jüdischen Volk“ 1994 in die deutsche Sprache. Seine Nachdichtung präsentiert Biermann bei der Jubiläumsfeier.
Ein weiterer Höhepunkt des Abends wird die Übergabe des Kunstwerks „Katzenelson-Turm“ an die Arbeitsstelle Holocaustliteratur durch den Künstler Klaus Steinke sein. Steinke hat bereits 2018 der Arbeitsstelle Holocaustliteratur sein Kunstwerk „Überschreibungen“ als Schenkung übergeben.

Seit ihrer Gründung im Herbst 1998 am damaligen Institut für Neuere deutsche Literatur der Justus-Liebig-Universität in Gießen setzt sich die Arbeitsstelle Holocaustliteratur dafür ein, die Erinnerung an den Holocaust wach und lebendig zu halten. Einen Schwerpunkt bilden dabei die Texte von Überlebenden. Zentrales Anliegen der Arbeitsstelle ist es, dafür zu sorgen, dass diese Texte der Nachwelt erhalten bleiben und in Wissenschaft, Schule und Öffentlichkeit kritisch rezipiert und diskutiert werden.
Zur Feier des langjährigen Bestehens der Arbeitsstelle gibt es außerdem Grußworte von Arbeitsstellenleiter Sascha Feuchert, Univizepräsidentin Katharina Lorenz, Joachim Jacob, dem stellvertretenden geschäftsführender Direktor des Instituts für Germanistik, und Hans-Jürgen Bömelburg, dem Vorsitzenden des Fördervereins der Arbeitsstelle.

pe/red

Termin

Freitag (29. September) 19 Uhr, Kongresshalle Gießen, Südanlage 3
Karten für die Veranstaltung können unter www.lz-giessen.de reserviert werden.
Weitere Informationen: www.holocaustliteratur.de

Bild mit freundlicher Genehmigung von Thorsten Jander