Das “Robotikum” wird fester Teil des Unterrichts: In dem Modellprojekt lernen Schülerinnen und Schüler, Roboter zu programmieren.

Die kleinen Roboter können tanzen, sprechen, flirten, spielen und sogar Gesichter erkennen. Das fasziniert die Schüler aus dem Landkreis Marburg-Biedenkopf, die Didi, Dodo, Miki und Nao kleine Kunststücke beibringen. Das Robotikum ist ein ungewöhnliches Gemeinschaftsprojekt, das nun zum festen Teil des Schulunterrichts im Landkreis Marburg-Biedenkopf wird. Entwickelt wurde es an der Marburger Philipps-Universität.
Die kleinen Mitschüler sind nur 50 Zentimeter groß und haben freundliche Kulleraugen. An heißen Tagen brauchen sie immer wieder eine Pause, um nicht ermattet nach hinten zu plumpsen. Doch die Teenager aus den weiterführenden Schulen des Kreises beugen sich konzentriert über Laptops und Roboter, um ihnen zum Beispiel das Tanzen beizubringen. Richtig programmiert können Didi und Dodo nämlich beeindruckend mit den Armen schlenkern, sich in Pose werfen und sogar Kung-Fu-Formen vorführen.

Damit Dodo redet und die Arme hochwirft, werden Bewegungen mit Sprache am Laptop verknüpft.

Stadt, Kreis und Schulen haben nun einen Kooperationsvertrag unterschrieben, damit das „Robotikum“ zum festen Teil im Lehrplan der Schulen des Landkreises Marburg-Biedenkopf wird. „Wir wollen Lust auf Digitalisierung machen und dabei helfen, die technischen Optionen zu verstehen“, so der Erste Kreisbeigeordnete Marian Zachow. „Es soll dazu beitragen, das algorithmische Denken der Jugendlichen zu stärken“, erklärt Marburger Oberbürgermeister Thomas Spies.

Gestartet wurde das Robotikum bereits 2018 als bundesweit einzigartiges Modellprojekt der Stadt und der Universität Marburg. Vor Ort halfen studentische Hilfskräfte der Uni. Mit dem Auslaufen der Förderung im vergangenen Jahr wollten die Beteiligten das Robotikum aber nicht enden lassen, sondern zu einem Angebot für alle Schulen ausbauen. Es wird nun an eigens dafür eingerichteten Räumen an der Adolf-Reichwein-Schule in Marburg, der Georg-Büchner-Schule in Stadtallendorf und der Lahntalschule in Biedenkopf angeboten. Andere Schulen können sich dort mit ihren Klassen anmelden, um die Roboter sprechen und Gesichter erkennen zu lassen. Dazu wird ein Curriculum für den Unterricht der Klassen 5 bis 13 entwickelt.
„Die heutige Jugend muss die Prinzipien der digitalen Welt verstehen. Die Roboter sind eine Art, an das Thema in den Schulen heranzugehen“, erläutert der inzwischen emeritierte, mehrfach preisgekrönte Computerlinguist Jürgen Handke, der schon seit 2016 mit Robotern im Lehrbetrieb und in der Marburger Sparkasse experimentiert.

Dodo kann sehen, sprechen und flirten.

Dabei staunen die Schülerinnen und Schüler mitunter, wie leicht das Prinzip der Blockprogrammierung auch weitgehend ohne Grundkenntnisse zu verstehen ist. So lehren sie die Roboter zum Beispiel, Stifte aufzuheben und dies mit Gesichtserkennung zu kombinieren. Wenn man den Roboter dann bittet, den Kuli herzugeben, hängt es vom Frager ab. Blickt er dem einen Jugendlichen ins Gesicht, wirft er den Stift mit Schwung nach hinten weg. Schaut er den neben ihm sitzenden Klassenkameraden an, gibt er ihn mit einem freundlichen „Bitte sehr“ heraus. Die Schüler können den Robotern einfache und komplizierte Dialoge beibringen, zusätzliche Sounds einbauen, sie in alle Richtungen bewegen sowie Alter und Emotionen erkennen lassen.
Freilich erfahren die Teenager auch, dass man die Fragen sehr exakt beantworten muss, damit die Roboter ihre Dialoge fortsetzen. Wenn alle laut durcheinander reden, hören die kleinen Assistenten nicht mehr richtig. Und man darf ihnen nicht zu wilde Bewegungen beibringen. Am Gleichgewichtssinn hapert es manchmal noch.

Gesa Coordes

Bild mit freundlicher Genehmigung von Gesa Coordes