Mehrheit gegen Halbierung des Autoverkehrs in Marburg bis 2035

Es war das von vielen erwartete enge Rennen: Bei dem Bürgerentscheid über das Marburger Mobilitätskonzept Move 35 haben die Nein-Stimmen die Mehrheit. 

Abgestimmt wurde über die Frage:  „Sind Sie dafür, dass das im Rahmen von Move 35 beschlossene Ziel einer Halbierung des Pkw-Verkehrs zugunsten anderer Verkehrsmittelnutzungen weiterhin verfolgt wird?“

Dies wurde von 51,8 Prozent  der Wählerinnen und Wähler abgelehnt. 48,2 Prozent stimmten mit „Ja“.

Konkret ging es bei der Abstimmung um ein Ziel des Move-35-Konzeptes: Sollen die Menschen im Jahr 2035 im Vergleich zu heute häufiger ihre Wege zu Fuß, mit dem Fahrrad, dem ÖPNV zurückzulegen – so dass der Anteil der zurückgelegten Wege mit dem Auto halbiert wird?

Komplett gestoppt wird das Mobilitätskonzept nach dem Bürgerentscheid am heutigen Sonntag nicht. Bei einem Nein muss aus Sicht von Oberbürgermeister Thomas Spies jedoch die Frage neu diskutiert werden, wie stark der Anteil der Autos im Verkehr sinken soll.

kro

Mit Move 35 zur Klimaneutralität

Das Mobilitätskonzept Move35 ist ein mit breiter Bürgerbeteiligung erarbeitetes Rahmenkonzept mit einer Fülle von Vorschlägen für eine ganzheitliche Strategie. Es soll mehr Raum für Grünflächen, Spielplätze, Außengastronomie und Treffpunkte geben. Der Busverkehr soll so unkompliziert werden, dass er auch für Berufspendler aus den Stadtteilen attraktiv wird. Es soll neue und sicherere Radwege und ein intelligentes Parkleitsystem geben, Dahinter steht das Ziel, dass Marburg – nach dem Beschluss der gesamten Stadtverordnetenversammlung – bis 2030 klimaneutral werden möchte. Deshalb soll der Anteil derjenigen, die zu Fuß, mit dem Rad oder dem Bus in Marburg unterwegs sind, erhöht werden. Dennoch betont die Stadtverwaltung: „Keiner muss auf das Auto verzichten. Attraktive, alternative Mobilitätsangebote machen es einfacher, das Auto weniger zu nutzen.“ Deswegen ist auch klar,  dass erst der Nahverkehr ausgebaut wird – geplant ist eine Anbindung der Dörfer im Halbstundentakt. 

Zu den Maßnahmen, die den Autoverkehr betreffen, zählen zum Beispiel:

  • Parkplätze: Geplant ist der Abbau von Parkplätzen am Straßenrand sowie höhere Parkgebühren. Die Autos sollen vor allem in (Quartiers)-Parkhäusern abgestellt werden. Behindertenparkplätze werden nicht abgebaut. Es soll auch genügend Flächen für Kurzzeitparker – etwa vor Arztpraxen, Apotheken und Geschäften – geben. Freigewordene Parkflächen sollen zu neuen Begegnungsräumen mit Bäumen, Bänken und breiteren Gehsteigen werden. 
  • Schulviertel: Geplant ist eine versuchsweise Sperrung der Leopold-Lucas-Straße zu Schulbeginn und zu Schulende, um vor allem Elterntaxis zu stoppen, die mit Wende- und Haltemanövern für gefährliche Situationen für die Kinder und Jugendlichen sorgen. Schulleiter und Schülervertreter befürworten den Versuch, der Ortsbeirat Ockershausen ist dagegen, weil er Staus befürchtet. 
  • Campus-Viertel: In der Innenstadt sollen Biegen-, Deutschhaus- und Robert-Koch-Straße zu Einbahnstraßen werden. Damit soll der Autoverkehr auf die Stadtautobahn gelenkt werden. Die Verkehrsberuhigung soll den Anwohnern, aber auch Geschäften, Restaurants, einem Altenheim sowie Einrichtungen wie die Volkshochschule zugutekommen. Auch die Bedingungen für Radfahrer und Fußgänger sollen sich verbessern. 
  • Südviertel: Durch Einbahnstraßen und veränderte Wegeführungen soll es nicht mehr möglich sein, das Südviertel mit dem Auto direkt zu durchfahren. So soll etwa die Straße am Grün zwischen Jägerstraße und Schulstraße für den Kfz-Verkehr gesperrt werden. Ziel ist eine Verkehrsberuhigung im Wohnviertel.

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Bild mit freundlicher Genehmigung von Georg Kronenberg | Marbuch Verlag GmbH