Michael Selinka ist Oberbürgermeisterkandidat der FDP 

Nein, das Skateboard von seinem Wahlplakat hat Michael Selinka nicht immer dabei. Das stehe bei ihm im Wohnzimmer. „Und meistens, wenn ich telefoniere, fahre ich Skateboard“, berichtet der Kandidat der FDP bei der Marburger Oberbürgermeisterwahl. Er habe einen langen Flur. Von seinen beiden Jungs würde das Board dort auch regelmäßig bewegt. „Ich habe versucht, aus den Kindern auch Skateboarder zu machen.“

Selinka ist Lehrer, unterrichtet neben seiner Leidenschaft Sport noch Politik Wirtschaft, Ethik und Philosophie. Das Longboard steht freilich auch für seine Zeit vor dem Job an der Elisabethschule. Der 51-Jährige hat einst ein Sportgeschäft in Marburg geleitet und liebt alles, was mit Brettern zu tun hat. Er ist Ski- und Snowboardlehrer, aber auch in vielen anderen Sportarten unterwegs, hat etwa als Kampfsportler bei Weltmeisterschaften gekämpft.

Seine politischen Schwerpunkte sind denn auch Sport und Bildung. „Ich möchte verstärkt in die Bildung unserer großen und kleinen Bürgerinnen und Bürger investieren, in Kitas, in Schulen, in die Volkshochschule, in ‚Arbeit und Bildung‘, in den wegweisenden Blista-Campus et cetera“, sagt Selinka, der auch Vorsitzender im Landesfachausschuss Schule und Weiterbildung der FDP ist. Die Stadt solle sich auf ihre originären und verpflichtenden Aufgaben besinnen – Investitionen in Schulen hätten Vorrang vor anderen Großprojekten im freiwilligen Bereich.

Und wie sieht es mit der Kulturpolitik aus? Schließlich ist ein breitgefächertes Kulturangebot auch ein wichtiger Baustein für die Bildung. Wie passt es da, dass sich Selinkas Partei in der Vergangenheit dafür ausgesprochen, den Zuschuss für das KFZ komplett zu streichen – und den Zuschuss für das hessische Landestheater deutlich zu kürzen? Sicher gebe es verschiedene Positionen in seiner Partei sagt, der OB-Kandidat. Da gelte es, parteiintern um die Inhalte konstruktiv miteinander zu streiten. „Das ist einfach die Pluralität der Positionen.“ Also Geld streichen oder nicht? Da will er sich nicht festlegen, er wolle mit allen Kulturstätten reden – und genau die Situation im Stadtsäckel analysieren. 

Außerdem kann er sich neben dem teils „linksliberalen Kulturangebot“ noch namhafte Angebote im heimischen Veranstaltungsbereich vorstellen: „Anastasia kommt zum Hessentag oder tritt im Hofgut in Dagobertshausen auf. Warum schaffen wir das nicht, so jemanden mal nach Marburg zu holen?“ 

Wie ist Marburg bisher durch die Corona-Krise gekommen? Aus seiner Erfahrung als Einzelhändler sehe er das Corona-Hilfspaket kritisch, das die Stadt im vergangenen Jahr aufgelegt hat, sagt Selinka. Die zur Ankurbelung des Einzelhandels an die Bürger verteilten „Stadt-Geld“-Gutscheine seien mehr „ein Strohfeuer“ gewesen. Man müsse an anderen Stellen den Einzelhändlern nachhaltiger helfen, etwa schauen, ob sie von der Gewerbesteuer befreit werden könnten. Als Politiker könnte man mit den Banken auch wegen den Kreditlinien der Gewerbetreibenden sprechen. Diese bräuchten schließlich in der Krise finanziellen Rückhalt von den Kreditinstituten. „Das wären für mich Dinge, die vielleicht nachhaltiger sind, als Gutscheine rauszugeben“, unterstreicht Selinka. Thema Verkehr: Der sei in Marburg sei „ein dauerhaftes Ärgernis“. Sein Ansatz: „Die größte Sünde in Marburg ist Teil der Lösung“. Die Stadtautobahn, solle vom Südbahnhof bis nach Wehrda in einem Tunnel verlegt werden. Die frei werdenden Flächen könnten für Gebäude, Wegeverbindungen, Grün- und Wasserflächen genutzt werden. Eine Zukunftsvorstellung hat er auch für die alte Universitätsbibliothek und die Türme der Philosophischen Fakultät, wenn die Uni sie nicht mehr braucht: „Diese Gebäude und Flächen sind architektonisch reizvoll und ich stelle mir hier urbanes Wohnen, coole Startups, hippe Locations und ein offenes, facettenreiches und bedeutendes Kunst- und Kulturhaus, mit zentralen Parkmöglichkeiten und fußläufiger Erreichbarkeit vor.“

Zentrale und günstige Parkplätze sind ihm generell wichtig, das Auto werde in der ländlichen Regionen ein wichtiges Verkehrsmittel bleiben. „Es ist aus keiner Perspektive sinnvoll, den Autoverkehr zu behindern, ich möchte ihn ökonomisch lenken und durch Angebote dafür sorgen, dass die Menschen gerne ihre Fahrzeuge verlassen.“ 

Seit 20 Jahren ist Selinka FDP-Mitglied, sein Vater ist Ehrenvorsitzender der Marburger Liberalen. Berufspolitikern steht Selinka dabei kritisch gegenüber, sie seien häufig abgekapselt von der Realität. Damit ihm das nicht passiert, will er weiterhin „wenigstens einen Kurs an einer Schule unterrichten“, sollte er gewählt werden.

Georg Kronenberg

Bild mit freundlicher Genehmigung von Lidschlag.net