Verwaltungsgericht weist Klage gegen Stichwahl ab

Die Marburger Oberbürgermeister-Stichwahl ist rechtens. Das Gießener Verwaltungsgericht hat am Dienstag die Klage zweier Marburger auf Feststellung der Ungültigkeit der Stichwahl vom 28. März 2021 abgewiesen.
Bei der Stichwahl war Amtsinhaber Thomas Spies mit einem Vorsprung von 95 Stimmen vor seiner Mitbewerberin Nadine Bernshausen wiedergewählt worden. 

Die Kläger hatten gegen die Gültigkeit der Wahl Einspruch eingelegt, weil bei der Stimmauszählung 188 Briefwahlstimmen, die erst nach Schließung der Wahllokale eingegangen waren, unberücksichtigt geblieben sind. Nach Ansicht der Kläger hatte die Marburger Stadtverordnetenversammlung den Termin der Stichwahl rechtsfehlerhaft festgesetzt. Der Abstand von zwei Wochen zwischen der ursprünglichen Wahl und der Stichwahl am 28. März 2021 sei zu kurz gewesen. Bereits zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Wahltag habe man davon ausgehen müssen, dass pandemiebedingt im Vergleich zu früheren Kommunalwahlen eine erheblich höhere Anzahl von Wahlberechtigten von der Möglichkeit der Briefwahl Gebrauch machen werde und sich organisatorisch darauf einstellen müssen. 

Nach der Entscheidung des Gerichts liegen keine Unregelmäßigkeiten der Wahl vor, die zur Ungültigkeit führen. Der Abstand zwischen den beiden Wahlgängen sei mit (nur) zwei Wochen zwar ambitioniert gewesen, so das Gericht. Die Wahlbriefe hätten aber noch so rechtzeitig versandt werden können, dass bis auf wenige Einzelfälle, die sich auf das Gesamtergebnis nicht ausgewirkt hätten, alle Wählerinnen und Wähler noch rechtzeitig hätten ihre Stimme abgeben können. 
Der Gesetzgeber verlange vom Briefwähler, dass er seine Unterlagen so rechtzeitig zurücksendet, dass der Wahlbrief spätestens am Wahltag bis 18 Uhr beim Wahlamt eingeht. Notfalls müsse er ihn dort einwerfen (lassen). 

Die verspäteten Wahlbriefe hätten auch nicht als rechtzeitig zugegangen behandelt werden müssen. Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts stellt die Corona-Pandemie keine mit Naturkatastrophen vergleichbare Situation dar, für die Erleichterungen und Fristerstreckungen möglich sind. Die Pandemie habe sich auf den Transport der Wahlbriefe nicht ausgewirkt. 

Der Oberbürgermeister hat laut der Entscheidung des Gerichts auch nicht gegen seine Neutralitätspflicht im Wahlkampf verstoßen. Die hierzu von den Klägern gerügten Tätigkeiten seien in Ausübung seiner Amtspflichten oder seiner Pflichten als Aufsichtsratsvorsitzender der Stadtwerke Marburg erbracht worden. Dass eine Wählervereinigung für ihn Wahlkampf betrieben habe, sei ihm nicht zuzurechnen. 

Die Entscheidung des Gießener Verwaltungsgerichts ist noch nicht rechtskräftig. Die Kläger können innerhalb eines Monats nach Zustellung des schriftlichen Urteils Berufung beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel beantragen. 

pe/kro

Bild mit freundlicher Genehmigung von Georg Kronenberg