Der Kreis Marburg-Biedenkopf hat die höchste Corona-Warnstufe erreicht: Weil die Zahl der Erkrankten weiter rasant ansteigt, liegt die Zahl der Neuinfektionen in den vergangenen sieben Tagen bei knapp 80 pro 100.000 Einwohner (Stand 20. Oktober). Zudem gab es den ersten Ausbruch in einer Senioreneinrichtung. Damit steht die Corona-Ampel auf dunkelrot. Deshalb hat das Schulamt angeordnet, dass ab sofort Masken im Unterricht getragen werden müssen. Dies gilt ab Klasse fünf.

Der Landkreis hatte bereits verschärfte Maßnahmen eingeführt, die seit Montag gelten. Wichtigste Veränderung: Restaurants, Kneipen, Bars und Bistros müssen um 23 Uhr schließen. In der Zeit von 23 bis 6 Uhr darf auch auf öffentlichen Straßen, Plätzen und in Parks kein Alkohol getrunken werden. Der Verkauf von Schnaps, Bier und Wein ist ebenfalls ab 23 Uhr untersagt. Zugleich dürfen sich nur noch zehn Menschen gemeinsam im öffentlichen Raum aufhalten.

Private Feiern in Gaststätten und öffentlichen Räumen sind auf maximal 25 Menschen begrenzt, Feiern im privaten Raum auf maximal zehn Menschen aus höchstens zwei Haushalten. Außerdem empfiehlt der Kreis dringend, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, wenn der Mindestabstand von 1,5 Metern nicht eingehalten werden kann. In Gaststätten, Hotels, Mensen und Cafés muss die Maske beim Betreten der Räume sowie in Gängen und Fluren ohnehin getragen werden. Gottesdienste, Trauerfeiern und Vereinstreffen waren bei Redaktionsschluss noch nicht eingeschränkt – sofern die Hygieneregeln beachtet werden.

Ab einer Inzidenz von 75 greift die fünfte und letzte Warnstufe des Eskalationskonzepts der hessischen Landesregierung. In der Praxis bedeutet dies, dass der Planungsstab Covid-19 des hessischen Sozialministeriums eingreifen kann, wenn die Maßnahmen des Landkreises nicht ausreichen. Zudem gibt es jetzt eine enge Abstimmung zwischen Land und Kreis.

Aktuell betreut der Landkreis mehr als 200 aktuell Erkrankte. Damit hat sich die Zahl der Infizierten innerhalb der vergangenen Woche fast verdoppelt. Im Frühjahr dieses Jahres lag die Höchstzahl bei 79 akut Erkrankten. Die meisten Betroffenen haben sich im familiären und privaten Umfeld angesteckt. 42 Prozent der Neuinfektionen beziehen sich auf Kontaktpersonen zu bereits bekannten Fällen. 14 Prozent sind Reiserückkehrer aus Risikogebieten. In 23 Prozent der Fälle ist unklar, wo sich die Infizierten angesteckt haben.

In dieser Woche hinzugekommen ist ein Coronaausbruch in einem evangelischen Altenzentrum in Kirchhain, wo mindestens neun Bewohner und drei Mitarbeiter positiv getestet wurden. Weitere umfangreiche Tests laufen noch. Das Haus wurde vorsorglich für den Besucherverkehr geschlossen. Einen weiteren Ausbruch hatte es Anfang Oktober gegeben, als ein Superspreader bei der Geburtstagsfeier eines Seidel-Mitarbeiters 25 der 27 Feiernden ansteckte. Inzwischen sind die rund 700 Mitarbeiter des Herstellers von Design-Zubehör für die Kosmetikindustrie getestet. 33 erwiesen sich als positiv, 36 hatten die Infektion zu einem früheren Zeitpunkt durchlaufen. Das Unternehmen musste seine Produktion für zehn Tage stoppen.

Ob die Corona-Maßnahmen des Landkreises greifen, wird sich nach Einschätzung des Ersten Kreisbeigeordneten Marian Zachow frühestens in einigen Tagen zeigen. Deshalb betonte er: “Wir dürfen jetzt nicht in Aktionismus verfallen.” Gleichwohl sollten die Menschen im Kreis Kontakte im privaten Umfeld so weit wie möglich reduzieren, um die Auswirkungen auf Arbeit oder Schule in Grenzen zu halten.

Corona-Tests und Hotline

In den nächsten Tagen zieht das Covid-Koordinierungscenter (Testcenter) der Kassenärztlichen Vereinigung in ein winterfestes Quartier. Es zieht vom Georg-Gaßmann-Stadion auf das Messegelände in der Afföllerstraße. Ab dem 26. Oktober wird es in Form eines Drive-Ins betrieben. Dazu wird ein Container auf dem Messegelände errichtet. Seit dieser Woche hat der Landkreis Marburg-Biedenkopf eine zweite Hotline geschaltet. Unter der Telefonnummer 06421/4051888 beantwortet der Kreis Fragen rund um die neuen Vorgaben und deren Auswirkungen. Die Hotline ist von montags bis freitags in der Zeit von 9 bis 16 Uhr besetzt. Die Hotline des Gesundheitsamtes unter der Telefonnummer 06421/4054444 ist weiterhin für medizinische Fragen rund um das Coronavirus zuständig. Sie ist werktags von 9 bis 16 Uhr erreichbar.

Gesa Coordes

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